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Strategie
Was Schweizer Bankern für die nächste Krise fehlt

Paradeplatz: Der Wandel in den Schaltzentralen der Banken muss noch stärker in Schwung kommen. Keystone

Ob eine Bank krisensicher ist, dafür zählt nicht nur die Kapitalausstattung. Sondern auch, ob die Manager bei Turbulenzen sicher agieren. Schweizer Geldhäuser können sich hier noch verbessern.

Karen Merkel
Von Karen Merkel
am 06.07.2017

Wie widerstandsfähig Banken sind, war seit der Finanzkrise oft Thema. Aus Sorge um die katastrophalen Folgen eines Zusammenbruchs wurden grosse Geldhäuser als systemrelevant eingestuft. Alle Institute einer bestimmten Grösse müssen sich regelmässig Stresstests unterwerfen.

Die Kapitalausstattung ist dabei ein zentraler Aspekt für ihre Überlebensfähigkeit. Wie krisenfest eine Bank ist, darauf haben aber auch die Mitarbeiter grossen Einfluss. Sind sie gut informiert und handlungsfähig? Oder in hierarchischen Strukturen blockiert und fürchten den Wandel? Die Einstellungen der einzelnen Mitarbeiter und Abteilungen entscheiden in der Summe mit, wie fit eine Bank im Fall von Herausforderungen ist.

Anpassung an veränderte Geschäftsmodelle

Dabei steht für viele Schweizer Geldhäuser ein Thema oben auf der Liste: die Veränderungen durch Digitalisierung. «Die Banken haben die Herausforderungen der vergangenen Jahre erfolgreich bewältigt, was zum Beispiel die regulatorischen Veränderungen anbelangt», sagt Bernhard Koye, Leiter des Instituts fürs Schweizerische Finanzausbildung (SIF). «Jetzt ist die Frage, wie sie sich auf die Digitalisierung einstellen. Die Geschäftsmodelle werden sich in den kommenden zehn Jahren stark verändern.»

Die Banken sind dabei stärker herausgefordert, als viele andere Bereiche der Wirtschaft. «Den Banken steht im Weg, dass sie 30 Jahre lang stabil agieren konnten», sagt Koye. Es sei darum wenig Bereitschaft vorhanden, sich mit neuen Ideen über alte Bereichsgrenzen zu wagen.

Fehlende Belohnung für neue Ideen

Die Banken fordern zwar von ihren Mitarbeitern, dass sie «out of the box» denken, belohnen Ansätze in dieser Richtung aber noch zu wenig. Das zeigt ein Stimmungsbild unter 90 Bankern zur Resilienz der Schweizer Banken, welches das SIF erhoben hat. Forschungsleiterin Stefanie Auge-Dickhut sagt dazu: «Es ist wichtig, dass Banken lernen, innovatives Denken zu belohnen. Das bedeutet, die Fehlerkultur abzuschaffen und mehr Freiräume zu gewähren.»

Stellung genommen haben dabei unter anderem Angestellte von UBS, Credit Suisse, Postfinance, Regional- und Kantonalbanken. 90 Prozent der Antwortenden haben Fach- oder Führungsverantwortung. Die Mitarbeiter stellen ihren Unternehmen in vielen Bereichen durchaus gute Noten aus, wenn es um die Widerstandsfähigkeit angesichts von Herausforderungen geht. Sie beobachten ein hohes Engagement der Mitarbeitenden und bescheinigen auch den Vorgesetzten gute Führung in der Krise.

Entwicklung hin zum konstanten Wandel

An einigen zentralen Punkten aber hakt es bei vielen Geldhäusern: Zum Beispiel der Umgang mit überlasteten Mitarbeitern ist laut der Umfrage noch deutlich verbesserungswürdig.

Im Mittelfeld bewegt sich vor allem die Veränderungsbereitschaft der Mitarbeiter. Während das Tagesgeschäft äusserst effizient aufgestellt ist, werden Neuerungen als einmalige Abweichung empfunden. Die Banken haben hier in Bezug auf ihre Aufstellung gegenüber der Digitalisierung noch Nachholbedarf – weg vom Wandel in Einzelfällen, hin zur beständigen Agilität.

«Die agilen Methoden stammen aus der Praxis in der Bekleidungsindustrie, die sich konstant auf neue Trends einstellen muss», sagt Bernhard Koye. «Sicherlich muss die Bankenbranche viele Prozesse nicht in der gleichen Schnelllebigkeit umsetzen. Wichtig ist aber ein Wandel in der Kultur.»

Zusammenarbeit mit Fintechs

Zum Beispiel sei es wichtig, sich an zentralen Stellen stärker mit externen Partnern zu verbinden, etwa mit Fintechs. «Banken müssen zum digitalen Plattformanbieter werden, wenn sie die Schnittstelle mit ihren Kunden nicht verlieren wollen. Das können sie entweder durch eigene Angebote. Oder aber sie können die Angebote von passenden Partnern integrieren.»

Ein Beispiel ist das schnell wachsende Fintech DepositeSolutions – ein Vergleichsdienst für Bankdienstleistungen. Wie bei anderen Preisvergleichen auch bietet das Fintech den Nutzern einen Überblick – und die Banken verdienen daran, in dem Portal präsent zu sein.

Wandel als Chance

Als Grundlage für die technologische Neuaufstellung nennen Auge-Dickhut und Koye aber, dass sich die Veränderungsbereitschaft stärker bei den Mitarbeitern von Banken verwurzelt.

Die Banken hätten lange im Selbstverständnis von Stabilität und Erfolg gelebt. Angesichts von Veränderung entstünde daher oft eher eine Opferhaltung. Koye sagt: «Erst langsam wächst bei den Schweizer Geldhäusern eine Generation von Bankern und Managern heran, die konstanten Wandel als Chance sehen und ihn auch engagiert gestalten wollen.»
 

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